Jeder von Euch wird sicherlich Matthias Schwaighofer von „SchwaighoferART“ kennen. Es freut mich riesig, das Matthias meiner Bitte nach einem Interview nachgekommen ist und mir hier Rede und Antwort steht !
Für den unwarscheinlichen Fall, dass jemand noch nicht von dir gehört haben sollte: Wer bist du, was machst du ?
Ich bin Matthias Schwaighofer und komme aus Insbruck in Österreich. Ich leite ein Unternehmen das sich im Bereich Fotografie und Bildbearbeitung etabliert hat. Das Hauptgeschäft ist aber eher die Werbung, weil die bunten und schrillen Sachen, die ich versuche mit Photoshop zu zaubern, gerade in der Werbung sehr gut Anklang finden.
Wie bist du zur Fotografie gekommen ?
Vor ca. 12 Jahren habe ich die analoge Spiegelreflexkamera meines Vaters vererbt bekommen. Das war ein kleiner Meilenstein, an dem ich beschlossen habe, das ich in dieser Branche weitermachen bzw. mich damit auskennen möchte.
Ich hab dann Schritt für Schritt die Fotografie erlernt. Ich habe durch einen Freund ziemlich schnell Zugang zu Photoshop bekommen. Es hat mich dann irgendwann mehr interessiert, das was ich fotografisch manchmal mehr schlecht als recht gemeistert habe, Bildbearbeitungstechnisch in ein anderes Foto einzubauen und damit ein neues Gesamtkunstwerk zu schaffen.
Du bist ja Berufsfotograf.. – wie sieht ein typischer Tag in deinem Leben als Fotograf aus ?
Heutzutage ist man als Berufsfotograf warscheinlich kein Berufsfotograf im klassischen Sinne mehr, es sei denn man ist wirklich im Bereich Passbilder, Hochzeiten, Babyfotos oder was auch immer unterwegs. Das sind alles Sachen, die ich eigentlich nicht wirklich anbiete. Man kann das zwar auch machen, mein Hauptgeschäft ist es aber nicht !
Meine Kunden kommen wegen ganz anderer Dinge zu mir, so wie z.B. Werbung und Co., d.h. mein typischer Tag besteht eigentlich darin, das ich verdammt viele Angebote schreibe und ich versuche die Werbung via Facebook, Instagram etc. am Laufen zu halten. Ich versuche neue Pläne auszuschmieden, wie ich meine Seite mit neuen Beiträgen, Blogs bzw. auch mit Kaufvideos und Lernvideos füllen kann. Im Prinzip ist es daher momentan eher so ein Managerjob.
Ich gehe sehr wenig raus zum Fotografieren. Wenn ich allerdings fotografiere, dann mache ich das mit voller Leidenschaft. Denn wenn man nicht oft zum fotografieren kommt und dann wieder mal eine Kamera in der Hand hält, dann freut man sich wie ein kleines Kind und dann geht’s drauf los.
Es ist aber auch so, dass die Kunden weniger die eigentlichen Fotos haben wollen, als dann schlußendlich bearbeitete Bilder und deswegen weiß ich, das das, was ich fotografiere, letztendlich IMMER bearbeitet wird und deswegen sehe ich mich momentan mehr als Bildbearbeiter.
Es wäre spannend zu wissen, ob du fotografischen Vorbilder hast..
Ja… einige.. aber ich muß dazu sagen das fotografische Vorbilder meist auch meine bildbearbeitungstechnischen Vorbilder sind. Eberhard Schuh und Uli Steiger sind im deutschsprachigen Raum meine Helden. Die sind darin extrem gut. Wayofarts.ch aus der Schweiz ist auch einer, der unfassbar tolle Bilder macht.
Ansonsten gibt es im Internet ganz ganz viele Leute die mich inspirieren. Die sind aber meist im Digital Art Bereich tätig, d.h. Künstler die mit Photoshop malen oder Matte-Paintings machen. Ich hab viele Filmvorbilder die z.B. Regisseure sind. Ich sehe es als komplett irrelevant an, ob es sich um bewegte und stehende Bilder handelt. Aus guten Filmen und guten Kameraeinstellungen kann man so viel mitnehmen. Hauptsache es weckt Emotionen.
Du bist auch im Bereich „Stockfotografie“ unterwegs. Wie sind deine Erfahrungen ? Lohnt sich der Einstieg für Neueinsteiger überhaupt noch ?
Ich würde sagen: Nein.
Es sei denn, es ist extrem viel Bildmaterial schon vorhanden. Oder man hat sich in eine Richtung spezialisiert. Wenn man wirklich noch einsteigen will, lohnt es nicht wenn man ein paar Babybäuche o.ä. hat, sondern man muß eine Sparte finden, die kaum jemand bedient oder die es auf den Stockplattformen so noch nicht gibt. D.h. es ist extrem wichtig vorab viel Recherchearbeit zu leisten, bevor man sich hier ins Zeug legt.. Und man darf nicht unterschätzen, man braucht Mengen an Bildern oder eben ein überragend gutes Portfolio, damit man relativ schnell im Ranking nach oben kommt.
Bei der Stockfotografie gilt eine Art Pyramidensystem – du fängst unten an. Je mehr Bilder du verkaufst, je mehr steigst du im Ranking. Aber selbst dann braucht es relativ viel Zeit, damit man hier überhaupt Erfolg haben kann. Ich selbst kenne nur ganz wenige, die hier richtig viel Geld damit verdienen.
Dein Schwerpunkt ist ja die Bildbearbeitung. Dein Stil kann man schon als einzigartig bezeichnen, so das viele Bilder unverwechselbar direkt deiner Feder zuzuordnen sind. Wie lange hast du gebraucht, da zu sein, wo du jetzt bist ?
Um einen Stil zu entwickeln braucht man meiner Meinung nach ein gutes Gespür für Farben. Denn das, was ein Mensch auf einem Bild als erstes – innerhalb der ersten 2 Sekunden- erkennt, sind die Farbstimmungen. Wenn du weißt wie man Farben richtig einsetzen muss, dann kannst du jemanden relativ schnell für deine Arbeiten interessieren.
Der nächste Schritt wäre dann Formen und Bildaufbau. Der Bildaufbau ist unfassbar wichtig, um einen Stil zu prägen. Wenn man sich meine Bilder ansieht, so sind die momentan zu 80% im äußersten Querformat, d.h. sehr breit und ich versuche sehr viel mit der Fibonacci-Schnecke und dem goldenen Schnitt zu arbeiten. Auch arbeite ich viel mit Komplementärfarben zu arbeiten und neige eher zu blau/gelb als zu grün/rot.
Blau/Gelb sieht man auch viel in meinen Comic-Art-Bildern, die Karikaturen zeigen, die ich längere Zeit gemacht habe. Die Bilder sind auch durch ihre witzige Art immer wieder aufgefallen. Seither gelte ich oft als der lustige Bildbearbeiter, von dem es keine tristen Bilder gibt sondern eher etwas zu schmunzeln. Und vielleicht ist das der Grund das man irgendwann mal gesagt hat, das ist ein Stil vom Schwaighofer.
Wieviel Zeit investierst du im Schnitt für die Nachbearbeitung deiner Bilder am Computer ?
Es gibt Fotoaufträge, da brauche ich pro Bild 2-3 Minuten (Basiseinstellungen ändern). Es gibt aber auch Bilder, die mich 6-8 Stunden oder auch mehrere Tage beschäftigen, je nachdem wieviel Aufwand in einem Bild steckt. Das hängt auch vom Auftraggeber ab. Es ist nur so, gerade wenn es um die Werbung geht, das man bedacht ist sehr psychologisch zu arbeiten und die entstandenen Bilder zu analysieren und zu schauen, was man hier noch verbessern kann oder was den Kunden noch ansprechen könnte.
Es kommt auch vor, das ein eigentlich fertiges Bild nochmal zerlegt oder umgearbeitet wird um zu schauen, wie es in anderen Bearbeitungsrichtungen funktioniert. Da kannst du noch so ein gutes Konzept haben, bei der Arbeit mit großen Kunden sind immer wieder Anpassungen notwendig.. und das kostet halt Zeit.
Was ist dein Lieblingsequipment / Lieblingstool?
Ich seh das jetzt mal fotografisch. Ich bin immer noch ein großer Fan meiner Canon Mark III, die ich vor 4-5 Jahren bekommen habe. Ich muß feststellen, das diese Kamera zu meiner vorherigen Mark II ein kleiner Quantensprung war, was die fotografische Qualität in meinen Bildern anging. Alles was pixelmäßig darüber hinausgeht, verschafft mir nur unfassbar viel mehr Arbeit bei der Retusche, da hier dann viel mehr Hautunreinheiten o.ä. wegretuschiert werden müssen, denn durch die hohe Auflösung fallen diese „Makel“ dann natürlich auch mehr auf.
Natürlich liebe ich die Photoshop Suite CC. Für mich ist es das Beste was es momentan gibt, vor allem weil ich mich jedesmal freue, wenn ein Update kommt und viele kleine Dinge verbessert wurden.
Findest du es wichtig, die eigenen Bilder auch zu drucken ?
Ja !
Ein Druck ist in meinen Augen was besonderes und darf auch ruhig etwas mehr kosten. Wenn du ein Bild druckst hast du bereits die Entscheidung gefällt, dass es gut ist. Ein Bild zu drucken ist, wie etwas für die Ewigkeit aufzubereiten. Ich drucke meine Bilder gerne , bin aber sehr sehr kritisch, was ich drucke.
Ausnahme: Wenn Kunden etwas sehen möchten.
Wenn ich dem Kunden einen Druck in die Hand gebe ist das wertvoller als wenn ich ihm die Datei nur am Bildschirm zeige.
Was macht für dich ein gutes Bild aus ?
Bildaufbau, Farbstimmung und die Geschichte. Ich persönlich kann nichts damit anfangen, wenn eine Frau vor einer Wand steht und einfach nur sexy aussieht. Ich brauche imme eine Geschichte..
Ich versuche deshalb schon fast dokumentarisch zu arbeiten oder ich gebe dem Betrachter die Möglichkeit, das er aus dem Bild seine eigene Geschichte formt. Wenn man das schafft, wird das Bild interessant. Man setzt sich dann mit dem Bild auseinander und das ist mir sehr wichtig !
Ich möchte meine Kunden mit dem Bild quasi belohnen, wenn er selbst draufkommt, was ich mir bei dem Bild gedacht habe. Deswegen verstecke ich in meinen Bildern sehr viele kleine „Eastereggs“ (Schriften, Kleinigkeiten im Hintergrund) um jemanden, der sich die Zeit nimmt mein Bild zu betrachten auch ein bischen zu belohnen, weil er dann weiß, das sieht nicht jeder und er hat es jetzt gefunden.
Was war die verrückteste Geschichte, die du bei der Erstellung deiner Bilder erlebt hast ?
Hatte ich tatsächlich erst vor kurzem.. eine Kundin hat ALLE, wirklich ALLE Bilder aus einem Familienshooting zurückgeschickt, weil sie zu stark retuschiert waren (Falten ein wenig gemindert, Zähne aufgehellt).
Das war lustig, denn ich sah Potential darin, die Bilder zu retuschieren. Und ich habe unterschätzt, dass es Menschen gibt, die sagen „so sehen wir aus – so wollen wir das haben“. Für mich war das neu, denn seit 12 Jahren hatte ich so eine Reklamation noch nie..
Ich bin aber auch froh, dass es solche Kunden auch noch gibt ! Da macht man die Bildbearbeitung gerne nochmal neu.
Hast du eine deiner Werke vor Augen bei der du sagen würdest, Ja, das ist mein bestes Bild ?
Ich versuche immer, das aktuelle Bild immer so zu bearbeiten, das es das Beste ist. Aber es gibt auch Highlights, in denen so gute Ideen drinstecken, das man weiß, das Bild ist einmalig und man würde es wahrscheinlich nie wieder so hinbekommen.
Es gibt ein paar Bilder, auf die ich richtig stolz bin. Ich mag z.B. das Bild mit der Fliegenklatsche , weil hier der Aufbau, die Geschichte und die Farben recht stimmig sind.
Welches ist deine liebste Webseite / Buch / Blog o.ä. über Fotografie und warum ?
Facebook, eine Seite die sich LevelUp nennt -> ist eine digitale Zeichnerseite wo sich viele unfassbar gute internationale Künstler tummeln, die sich gegenseitig hier auch helfen. Und da ich immer auf der Suche nach Weiterbildung bin, bin ich eigentlich extrem oft auf dieser Seite.
Die Zeitschrift „Docma“ ist das Non plus ultra der Bildbearbeitungsszene. Ich brauche von Zeit zu Zeit mal wieder technischen Input, gutes Know how und Leute die ihre Techniken gut beschreiben können. Und da bin ich bei der „Docma“ gut aufgehoben.
Sonst gefällt mir auch die Seite vom Adrian Sommeling, auch ein sehr sehr guter Bildbearbeiter , der auch von der Fotografie sehr viel versteht. Der ist sehr gut und von dem kann ich noch viel lernen.
Wieviel Zeit investierst du für Social Media ?
Ich würde sagen so ca. 40% des Arbeitstages.
Wo zeigst du deine Bilder am liebsten ?
.. zu Hause, wenn die Leute sagen: zeig mal deine Bilder. Dann bekomme ich unmittelbar direkte Reaktionen. In den Sozialen Netzwerken ist es immer schwierig, die Leute dazu zu animieren, dass sie etwas unter dein Bild schreiben und das das, was sie dann vielleicht schreiben, auch wirklich echt ist. Kritik ist immer am besten, wenn du in der Mimik, Gestik oder in den Augen lesen kannst, was dein Gegenüber wirklich darüber denkt..
Gehen wir mal zurück zur „eigentlichen“ Fotografie.. wo liegt dein fotografischer Schwerpunkt ?
Portraitfotografie mache ich gerne, weil ich habe gerne interessante Gesichter vor der Linse. Meine Leidenschaft hat sich in den letzten Jahren aber eher in Richtung dokumentarische Fotografie entwickelt, d.h. ich bin gerne im Hintergrund, um ECHTE Momente einzufangen.
Hast du ein bestimmtes Motiv im Kopf, welches du 1x im Leben fotografieren möchtest, aber bislang noch nicht gemacht hast ?
Nein… aber es gibt ein paar Bildideen, die ich in nächster Zeit umsetzen will.
Gibt es einen Tip, den du gerne an andere Fotografen weitergeben würdest ?
Ja… werdet erst Selbständig, wenn ihr euch vor Einnahmen nicht mehr retten könnt. Genau das ist mein Tip.. vorher nicht !
Erst dann, wenn du Angst hast, jemand könnte dir auf den Schlipps treten, weil du zu viel verdienst. Das ist der wichtigste Fotografentip den es gibt !
Wenn du dieses Ziel nicht erreichst, dann bleibe Hobbyfotograf . Glaube nicht das teures Equipment die besseren Bilder macht ! Schau lieber WANN du abdrückst und nicht WIE OFT ! Weniger ist oft mehr ! Wenn bei 50 Bildern aus einem Shooting jedes 2. Bild ein Hammer ist, dann ist man auf dem Weg ein guter Fotograf zu werden !
Was sind deine Ziele für die nächsten Jahre ?
Überleben.. das Finanzamt überstehen.. Miete zahlen können..
Ich möchte nicht im Geld schwimmen, das schaffe ich eh nicht, aber ich möchte ein solides und stabiles Leben führen und ich möchte mir u.U. eine neue Kamera kaufen (natürlich wieder eine Mark III).
Wo kann man am besten noch mehr über dich erfahren ?
Direkt bei www.schwaighofer-art.com , bei Instagram und vor allem auch bei YouTube !
Vielen Dank, Matthias (Schwaighofer), für dieses ausführliche und offene Interview ! Ich wünsche dir, dass deine Wünsche und Pläne auch in Erfüllung gehen !